Ein Kaffeebecher mit der Aufschrift Slow Down aus Perth/Australien

Perth/Australien

Slow down – open mind

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Irgendwas stimmt hier nicht mit Dir. Das Tempo? Kann es nicht sein. Durchschnittlicher Großstadt-Speed, gehört sich doch so. Perfekt, um im Strom von Sydney mitzuschwimmen, in Melbourne nicht unangenehm aufzufallen. Also weiter so? Stopp. Genau da liegt offenbar das Problem. Du bist jetzt vier Flugstunden weiter. Perth, Western Australia. Die versteckte, vielleicht sogar vergessene Millionen-Metropole Australiens. Der coffee shop heißt low slow. Das ist ein Zeichen. Der Tempomat der Menschen, auch der im Geschäftsviertel, steht auf easy going. Das hat seinen Grund. Perth, das bedeutet für urbane Wanderer: Different standards.

Die Skyline von Perth

Westwärts, aber warum?

Western Australia, das ist der oberste Zipfel des Kontinents am anderen Ende unserer Welt. Strategisch gut gelegen. Vor allem, wenn man mit Minen oder Gas zu tun hat. Jeder Fremde wird danach gefragt, aber keinesfalls argwöhnisch. Aber einfach so in diesen entlegenen Bundesstaat fliegen? Deshalb ist zwischen dem Autor und Perth lange nichts passiert. Keine heimliche Liebe, denn es war ja nicht klar, ob man Perth überhaupt verehren kann, wenn man die Strände von New South Wales und Queensland liebt. Immerhin, seit ein paar Jahren stand es auf der To-Travel-Liste. Halbe Wegstrecke von der Ostküste nach Singapur. In der Zeit, in der nur der Virus reisen durfte, reifte ein Vorsatz: Schieb nichts mehr auf, was Du Dir an Trips vorgenommen hast. Nennen wir es das Perth-Syndrom.

Der Strand von Perth

Die Stadt lässt Dich allein

Das soll der Seelen- und Lebensstandard bleiben für den Rest der Woche. Perth muss meine Neugier, meine Sehnsucht gespürt haben, vielleicht auch meine Müdigkeit. Das Urteil also vornweg: würde dieser Blog jemals Geheimtipps verraten, Perth würde es auf die Top-Secret-Liste schaffen. Aber besser, wir betrachten es als offenes Geheimnis. Das mit dem Vergessenen-Status trifft es wohl ganz gut. Die Perthianer lassen die Welt in Ruhe, die Welt lässt sie in Ruhe. So lebt es sich ganz gut. Splendid isolation.

Muster 

Wenn das beste am Parlament der öffentliche Garten samt Liegewiese ist, und die ganze Nacht ein Hochhaus so beleuchtet bleibt, das schon von weitem das Friedenssymbol erkennbar ist, dann sagt das schon viel über den Zustand einer Metropole aus. Das Staats-Kürzel WA, wurde noch zur Jahrtausendwende gewitzelt, stünde für „Wait Awhile“. Damals Makel, heute Kompliment. Längst ist eine lässig-schicke Foodie-Szene hier zuhause, viel Kunst an vielen Gebäuden, obligatorischen Design-Hotels, schon von außen großartige Bibliotheken. Überall herrscht eine urbane Farbigkeit, die von der Kolorierung und den Symbolen an die Aborigines-Stämme erinnert, die hier zuhause sind. Referenz oder Reverenz? Zumindest wird es thematisiert, sogar die Betonmischer sind mit traditionellen Mustern bemalt. Auch eine Art Respektbezeugung. 

Stadtansichten von Perth

#Pacific Soul

Meine Pacific Soul ist ganz leicht zum Leben zu erwecken. Die Strände mit Stadtanbindung sind unendlich, selbst der Indische Ozean gibt sich meist entspannt. Die Atmosphäre hat etwas von der anderen West Coast, weiter drüben, in Seattle. Nur minus Regen und Dunkelheit. In Perth soll an 362 Tagen Mittelmeerklima herrschen. Vor 50 Jahren hat es die Stadt zum Ehrentitel City of lights gebracht. Alle Einwohner ließen die Lichter über Nacht an, damit der Astronaut John Glenn die Stadt von seinem Weltraumflug erkennen konnte. So geht gutes Storytelling.

Blauer als Blau

Du spürst sofort, dass sich hier unvernünftig viel Zeit verbringen lässt. Das Blau in Perth sei blauer als anderswo, behaupten Reiseführer. Muss eindeutig ein Prospekt-Versprechen sein. Ist aber tatsächlich so, hier hat Pantone wohl seine Farbtöne her. Wäre es einem auch ohne Hinweis aufgefallen? Sicher. So ungefähr nach fünf Minuten, spätestens. Es ist das gleiche Phänomen wie der Himmel, der in Texas oder Montana größer erscheint als anderswo. Statt Big Sky eben Big Blue. Auch wenn es mal Wolken gibt, und der Himmel wie aus einer Ben & Jerry-Reklame aussieht, dann wirken diese dramatischer als anderswo. „Eine Naturgewalt“ bemerkte einer der wenigen Reiseberichte, die es auf Deutsch gibt.

Palme kreuzt Pinie

Perth baut kräftig an seiner Skyline, die neue Waterfront wird aber anders als in Sydney nicht zum Hochhaus-Patchwork. Die Stadt öffnet sich zum Elisabeth Quay hin, und die schwarzen Schwäne, die im see-gleichen Swan River zuhause sind, spazieren als Wappentiere zwischen den Touristen. Überall schafft es die Vegetation zwischen Stahlbeton und Glasfronten hindurch, ein Mix aus Palmen und Pinien. A patch of Paradise.